Diagnostisch wird jetzt alles möglich sein – das war die
Hoffnung, die man mit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms verband.
Genanalysen sollten darüber hinaus nicht nur die schnelle und sichere
Diagnostik von Erkrankungen erlauben. Sie sollten auch helfen, die
richtige Therapie zu finden, sogar die Prävention durch Genersatz schien
greifbar nahe. Doch wie mit der Mondlandung der Weltraum noch nicht
erobert war, ist mit der Genomanalyse längst noch nicht der entscheidende
Schlüssel für die Lösung drängender Diagnose- und Therapieprobleme
gefunden. Woran liegt das?
Ein Hauptpunkt sind die Probleme, die mit der Variabilität
des menschlichen Genoms verbunden sind. Diese wird Prof. Nöthen aufzeigen.
Zwar haben die letzten Jahre erhebliche Fortschritte in der Gendiagnostik
gebracht, dabei aber sind die Schwierigkeiten bezüglich Manifestation und
Frühdiagnostik von Erkrankungen nicht zu übersehen. Denn genetische
Untersuchungen können ihr Potenzial nicht ohne fachgerechte
Indikationsstellung und Beratung sinnvoll entfalten.
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Durch die
Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten hat sich die Genanalyse mittlerweile
zu einem dynamischen Wirtschaftszweig entwickelt, Auswüchse nicht
ausgeschlossen. Die Vaterschaftsdiagnose am Kiosk, die Gendiagnostik vor
Abschluss einer Lebensversicherung, etwa bei der Einstellungsuntersuchung
zum Beruf oder bei der Schwangerschaftsplanung weisen auf
Missbrauchspotenziale hin, die es zu verhindern gilt. So spricht Prof.
Cremer über die Möglichkeiten und Risiken der „Direct-to-Consumer“-Tests,
die über Ländergrenzen hinweg angeboten werden. In Deutschland steht man
diesen zu Recht ablehnend gegenüber. Vom 1. Februar 2012 an tritt das
Gendiagnostikgesetz in Kraft, das den Umgang mit genetischen
Untersuchungen regelt und jegliche Gendiagnostik nur nach ärztlicher
Anordnung erlaubt. Dies weist uns Ärzten eine besondere Verantwortung zu. Prof.
Dr. med. Th. Junginger
Prof. Dr. W. A. Nix, Direktor der Akademie für ärztliche Fortbildung
Rheinland-Pfalz
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