Auch ohne große
theoretische Kenntnisse von Gut und Böse zu besitzen, haben wir im Alltag
ein gutes Gespür dafür, ob eine von uns begangene Handlung gut oder
besser zu unterlassen gewesen ist, ob eine noch ausstehende Handlung
vollzogen oder vermieden werden sollte. Steht unser Tun in Übereinstimmung
mit dem, was wir als gut und damit als zu tun empfinden, dann haben wir
ein „gutes Gewissen”.
Widerspricht unser Tun
diesen Vorstellungen, spüren wir „Gewissensbisse”. Mag das Gewissen
ein allgemein menschliches Phänomen sein, so setzt seine philosophische
Reflexion doch vergleichsweise spät ein.
Eine ausdrückliche
Gewissenslehre findet sich erst im lateinischen Mittelalter, dessen Denker
jedoch auf antike Begriffsbildungen zurückgreifen können.
Der Vortrag will drei
historische Stationen einer philosophischen Reflexion des Phänomens
Gewissen beleuchten: Für das lateinische Mittelalter wird die für die
nachfolgende Zeit prägende Gewissenslehre des Thomas von Aquin
(1224/5-1274) vorgestellt. Sodann wird für die Neuzeit die Position
Immanuel Kants (1724-1804) behandelt, der das Gewissen als „Bewusstsein
eines inneren Gerichtshofes im Menschen” deutet. Schließlich kommen
Deutungen des 20. Jahrhunderts zu Wort, hier vor allem die Ausführungen
von Karl Jaspers (1883-1969). |